Installation mit Taubenzeichnungen und Transportkiste
7 Zeichnungen, Bleistift auf Papier, unterschiedliche Formate, gerahmt, 2021–2023
1 Reisekiste, Holz, Schaum- und Gewebestoff, Schrauben, 112 cm (h) × 207 cm (l) x 29 cm (t), ca. 70 kg, 2023
Kaum ein anderes verwildertes Haustier polarisiert Stadtbewohner*innen in einem Maß wie es die Taube vermag. Sie wird gehasst und geschasst, geliebt und überfüttert, lebt obdachlos oder wohnt in Palästen. Die teuerste Brieftaube der Welt „New Kim“ wurde im Jahr 2020 für 1,6 Millionen Euro von Belgien nach China verkauft.
Diese und andere Widersprüchlichkeiten, die die Beziehung des Menschen zu diesem Tier ausmacht, greift Nicole Schuck in ihrer Serie mit Tauben-Zeichnungen auf. Genaues Beobachten der Tiere und ihrer oft nicht tiergerechten Lebensumstände übersetz sie dabei in vielschichtige Linien, mal hell, federig und zart, mal dunkel, hart und grob. Ohne von systematischen Prämissen auszugehen, lässt sich die Künstlerin dabei im gemeinsamen Habitat zeichnend auf jeden einzelnen Vogel ein und führt die Wahrnehmung nah an die Tiere heran, womit sie ihre bedingungslose und unwissenschaftliche Wertschätzung jedes einzelnen Lebewesens als Subjekt in unserer gemeinsamen Welt zum Ausdruck bringt.
In der Reisekiste werden die künstlerischen Arbeiten (geschützt) ins In- und Ausland transportiert, wie kürzlich nach Santiago de Chile. Genauso wie die Kunst in Transportkisten in die Welt gesendet wird, werden auch Tauben verschickt. Auf Wettflügen, die mit hohen Preisgeldern für die schnellsten Tiere dotiert sind, müssen die Vögel ihren Weg zurück in den heimischen Schlag finden. Die Kiste ist ein Verweis auf diese kritisch zu befragende Kulturtechnik des Transportierens, besonders in Zeiten der Klimakrise.
Zum Hintergrund
Wie können Mensch und Wildtier – angesichts zunehmender klimatischer Krisen – die engen Lebensräume miteinander teilen und ihr Zusammenleben lebenswert gestalten? Wie können Mensch und Tier Gefährt*innen werden, in einem Setting, das uns alle inspiriert? Neue Sichtweisen auf Natur und Umgangsformen mit allem Natürlichen sind unabdingbar. Laut Matthias Glaubrecht – wissenschaftlicher Projektleiter des Evolutioneum des Leibnitz-Instituts zur Analyse des Biodiversitätswandels – ist der Verlust der Biodiversität gefährlicher als der Klimawandel. Nur wir Menschen können hier etwas ändern, als Kulturwesen können wir kulturelle Entwicklungen voranbringen, Änderungen einleiten und einüben.
Fotos Zeichnungen: Beat Brogle
Fotos Raum: Nicole Schuck